Stricken ist vieles: eine Idee, eine Geste, eine klare Haltung, aber auch eine Praxis. Was hinter der neuen Herbst-Winter-Kollektion steht – die Antwort kommt
aus dem Untergrund des 21. Jahrhunderts: Im Netzwerk der sozialen Medien, wo die Weltordnung nach Hashtags sortiert ist, gingen wir auf Tuchfühlung.
Aus der Mode – woher weht der Wind
Woher der Wind weht
#erfolgHW2020_enchanté
Es war kein einfaches Spiel in diesem Jahr, um die Winterkollektion auf die Beine zu stellen. Unser kleines Entwickler*innenteam wurde von ungewöhnlichen Umständen geprüft und herausgefordert.
Der Wirbelsturm, der über die Welt fegt, verschonte weder erfolg noch die Manufaktur in Bichelsee. Er erschwerte den eingespielten Alltag mit Ungelenkigkeit und geschlossenen Shops.
Trotzdem starteten wir im grössten Coronalärm mit der Produktion der Winterkollektion 2020/21 und behielten dabei stets den scharfen Gegenwind der aktuellen Lage im Visier.
Für Seefahrer draussen auf dem Meer ist es überlebenswichtig zu wissen, «woher der Wind weht». Das gilt gleichermassen für Strick-Kollektionen-EntwicklerInnen.
Die Planung dauerte ein Dreiviertel-Jahr. Wir entwickelten und strickten und am letzten Tag vor der Sommerpause – es ist der 20. Juli 2020 – steht fest: davor liegt der Ausnahmezustand – dahinter der Winter. Nun sind wir startbereit und halten Ausschau «woher der Wind weht».
Und damit gleich zur entscheidenden Frage: Braucht die Welt gerade jetzt eine Strick-Kollektion?
Schliesslich war vieles zu lesen, unter anderem auch, dass die Kleiderbranche ihre schwerste Krise durchlebt.
Zur Beantwortung gingen wir mit dem Untergrund des 21. Jahrhunderts auf Tuchfühlung: den sozialen Netzwerken, wo die Weltordnung nach Hashtags sortiert ist.
Man kann über Facebook, Instagram und Co. denken, was man will, aber sie sind ein Sprachrohr kollektiver Befindlichkeiten und eine Arena für all jene Themen, die uns gerade umtreiben.
Dabei galt unsere Aufmerksamkeit hauptsächlich den (Schweizer) Mode- und Lifestyle-Beiträgen und ihren Kommentaren.
Da hingen wir nun auf Instagram rum und sahen uns Beiträge an. Wir bekamen das frisch bepflanzte Hochbeet auf der Dachterrasse gezeigt, wurden von Fitness-Influencerinnen zu einem gesünderen Lifestyle inspiriert. Wir hörten uns Liebesweisheiten von Komikern an und bildeten uns, gebündelt und sortiert nach Hashtag, eine Meinung über die lokale und internationale Politik und ihren AkteurInnen.
Uns fiel auf mit wieviel Umsicht Bilder berichten konnten: So hinterliessen die Bilder, Meinungen und Kommentare, die wiederrum in gemeinsame Hashtags’s umgemünzt wurden. Wenn Beiträge mit Kommentaren und Hashtags spielen, entwickeln sie eine Eigendynamik. Übernahm da der passende #Frontrunner die Führung, konnte dies eine Bewegung ins Rollen bringen.
Und wo Bewegung auftaucht, ziehen die sozialen Medien Kultur, Mode und Zeitgeist an. Diese Bewegungen sind immer dann erfolgreich, wenn sie es schaffen, die öffentliche Meinung, die Sprache oder das alltägliche Verhalten zu beeinflussen um mit neuen Ideen den Status quo infrage zu stellen.
Auf den ersten Blick schien der Wind gedreht zu haben, denn unsere kleine Instagram-Recherche zeigte: Viele Social-Media-User fassten ihre Solitarität für Lokales mit einem fetten Hashtag zusammen. Unter dem Hashtag #supportsmalllabels oder #supportyourlocals zum Beispiel teilen 372 000 Menschen ihre Sympathie für kleine, regionale Labels. Auf die Frage von #fashionrevolution_ch mit dem Hashtag #WhoMadeMyClothes, meldete sich prompt unser Flachsbauer aus dem Emmental mit #Imadeyourfibre. Unverzüglich flogen die Herzen und Daumen.
Plötzlich sahen wir überall Indizien für eine neue Windrichtung. Und just zu diesem Zeitpunkt preist der #WWFSchweiz auf seiner Website einen Einkaufsratgeber für einen nachhaltigen Konsum in deiner Umgebung an. Public Eye schreibt, dass Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit die Fäden seien, aus denen die Mode der Zukunft gewoben werden müssen. Auch #CondéNast (148 Tsd. Abonnenten) erstellt mit dem Centre for SustainableFashion in London, dem College of Fashion und der University of Arts London das Sustainable Fashion Glossary (Condé Nast – Glossary)
We like it!
Zusammenfassend unsere Beobachtungen (ohne Gewähr):
1. Die Erkenntnis
Auf den sozialen Plattformen findet ein Aufruf zu lokalem Denken und Konsumieren statt und eine Solidaritätswelle, die kleine und lokale Labels unterstützt.
Unter Hashtag:
#modevonhier // #swissfashion // #buylocal // #supportyourlocals
#erfolghergestelltinderSchweiz // #erfolgswissmade
2. Die Ökologie
Seit dem 18. März wurden viele Posts erstellt, die User aufforderten, ihre Labels beim Shoppen etwas genauer anzuschauen. Beiträge, Fotos und Kommentare machten vor, wie man Dingen auf den Grund geht, sie unter die Lupe nimmt und nach ihren Versprechen bewertet. «denn damit es irgendwen in der Welt etwas angeht – muss es zuerst dich etwas angehen.»
haben wir folgenden SoMe-Profiles entnommen:
// #payup // #weargreener // #buyclimateneutral // #madetomakeadifference // #zerowaste
#ecofashion // #fairfashionlabels // #fashiondetox // #biodegradable // #ethicalfashion // #sustainablefashion //
#erfolgklimaneutral // #erfolgMaterial // #swissflax
#swissflax
3. Der Trend
Der Trend nach Wunschkonzert und Unikat hatte sich angebahnt. Und unsere Likes bestätigen: Je persönlicher das Angebot auf die Bedürfnisse von KäuferInnen zugeschnitten ist, desto mehr Herzen lassen sich mit ihm einfangen. Eine Welle, die in einer charmanten Aufforderung endet, es doch gleich zu ’selfmaden›. Ein ‹Yes› zu Reparatur und Upcycling. Tom Ford schrieb, nachdem er verkündet hatte, dass er nun Massanzüge anbieten würde, mit grossen Buchstaben: hochwertige Mode bedeutet Nachhaltigkeit.
#upcycling // #fashionondemand // recyclingfashion //
#erfolgstricktdeinenPullover //
4. Das Fazit
Niemand konnte ahnen, welchen Kurs der Wirbelsturm aufnehmen würde. Aber seitdem er über unsere Köpfe hinwegfegt, stellt er vieles in Frage.
Ob in den nächsten Jahren tatsächlich vom glorreichen Aufbäumen die Rede sein wird, vom frischen Wind, der neue Wege öffnet, oder ob der Winter 2020/21 zur Fussnote eines Instagram-Hypes verkommt, wird sich zeigen. Dass die Richtungsänderung nachhaltig wird, liegt nicht zuletzt an uns, diesen Wandel mitzugestalten.
Die neue Kollektion
#erfolgHW2020_enchanté
In der Manufaktur in Bichelsee wird hauptsächlich knit and wear gestrickt:
Stricken und gleich tragen. Knit-and-wear-Jacken und Pullover unterscheiden sich deutlich von ihren traditionellen Vorgängern. Ein Blick in ihr Innenleben entblösst nahtlose, glatte Strickflächen. Dies ist nicht nur eine Augenweide für Ästhetinnen, sondern belohnt die Träger mit fliessender Passform. Zudem entsteht #zerowaste:
Der Pullover ist in einem Stück gestrickt.
#erfolgnahtlos
Auch in diesen Winter fiel die Wahl des Rohmaterials auf
Merinowolle, Zenga Baruffa
100% mulesingfreie Merinowolle extrafein aus der Lombardei.
Seide/Wolle, Silky
70% mulesingfreie Merinowolle mit 30% Seide aus Deutschland
wurden zu einem neuartig sensitivem Verständnis versponnen
Schweizer Leinen, Swissflax
100% Leinen aus dem Emmental
Neu in diesem Winter:
Kidmohair, Astor
50% Kid Mohair, 32% Polyamid und 18% Wolle aus Deutschland
‹Mohair› werden die Haare der Angoraziege genannt. Diese Naturfaser ist die spezifisch leichteste Textilfaser. Der Ausdruck entstammt der arabischen Sprache und bezeichnet ganz allgemein einen Stoff aus Haaren. Der Mohair wird je nach Alter der Ziege und Dicke der Haare – je jünger das Tier, desto feiner das Haar – in die Kategorien kid, young goat und adult eingeteilt.
Wir haben das hochwertige Kidmohair von Astor neu für die Winter Kollektion 2020/21 aufgenommen – flauschig, warm und superleicht.
#erfolgkidmohair